Am 20. März 2015 ereignete sich in Hamburg eine partielle Sonnenfinsternis mit einer Bedeckung von etwa 80 %. Der Beginn der Verdunkelung war um 9.37 Uhr, Maximum um 10.45 Uhr und Ende um 11.56 Uhr (Daten von www.sterngucker.de). Eine derartig hohe Abschattung der Sonnenstrahlung über längere Zeit hat auch Auswirkungen auf einige Wetterparameter. Dabei besteht der Unterschied zu einer durchziehenden Wolke darin, dass eine ganze Region der Erdoberfläche gleichzeitig von der Sonnenstrahlung abgeschirmt wird. Dies erklärt auch die im Vorfeld diskutierten Gefahren für die Stromversorgung. Denn praktisch fallen mitten am Vormittag alle Solaranlagen in Deutschland gleichzeitig aus.
Am deutlichsten sichtbar ist die Sonnenfinsternis entsprechend in den Messwerten
der Globalstrahlung. Diese gibt die gesamte auf dem Boden eintreffende Sonnenstrahlung
an und wird als Leistung pro Fläche angegeben, üblicherweise in Einheiten von W/m².
Die folgende Abbildung zeigt den Verlauf der Globalstrahlung am Wettermast Hamburg.
Dabei gibt die rote Linie die Messwerte an, die gelbe dagegen den erwarteten Verlauf bei
wolkenlosem Himmel. Wie man sieht, liegt der Anstieg der Globalstrahlung in den ersten
Stunden nach Sonnenaufgang etwas unter der gelben Linie. Die Sonne scheint zwar, der Himmel ist aber etwas
trüb. Um kurz nach 9.30 Uhr, also direkt mit Beginn der Verfinsterung, reagiert auch
die Globalstrahlung und fällt bis zum Maximum der Verdunkelung um 10.45 Uhr deutlich ab.
Das Minimum wird bei 92 W/m² erreicht, das sind nur 16 % des Wertes bei
wolkenlosen Bedingungen, der bei 565 W/m² liegt. Berücksichtigt man die ohnehin
vorhandene Trübung, stimmt dies ganz gut mit dem erwarteten Abfall um 80 %, also
auf 20 % überein.
Nach dem Maximum steigt die Strahlungsleistung sofort wieder an, um 11 Uhr ziehen dann aber leider die ersten Wolken auf und der Effekt der Sonnenfinsternis lässt sich nicht mehr erkennen.
Die folgende Abbildung zeigt im Prinzip dasselbe, nämlich die Globalstrahlung, hier allerdings nicht als Strahlungsleistung, sondern aufsummiert als Strahlungsenergie in Kilowattstunden pro Quadratmeter (kWh/m²). Dies ist, hätte man ein perfektes Solarmodul, die Sonnenenergie, die man pro Quadratmeter Boden gewinnen könnte. Auch hier sieht man deutlich den Einfluss der Sonnenfinsternis an der Abflachung der Kurve ab etwa 10 Uhr.
Direkt von der Sonne beeinflusst ist die Temperatur. Da die vorangegangene Nacht klar war, sind die Temperaturen am Boden und in den unteren Schichten deutlich zurückgegangen. Es gab leichten Frost. Nach Sonnenaufgang um 6.30 Uhr erwärmt sich zunächst die Oberfläche der Wiese am Wettermast. Kurz danach auch die Luft in 2 und 10 m Höhe. Um 7.45 Uhr reagiert die Lufttemperatur in 50 m, um 8.30 Uhr in 110 m und um 9 Uhr in 175 m Höhe. So pflanzt sich das Wärmesignal vom Boden aus in die höheren Schichten fort. Schon um 9 Uhr, also 30 Minuten vor Beginn der Finsternis, ist der Anstieg der 2 m-Temperatur allerdings gestoppt, und dies ist ein Anzeichen dafür, dass der nun folgende deutliche Abfall aller Temperaturen nicht allein von der Sonnenfinsternis herrühren kann, sondern zu einem großen Teil auch von einem Herantransport kühlerer Luft. Ansonsten ließe sich auch nicht erklären, warum die Luft in allen Höhen bis hinauf in 280 m gleichzeitig abkühlt. Denn fehlende Sonnenstrahlung macht sich, analog zur Erwärmung am frühen Morgen, direkt und sofort nur am Boden bemerkbar.
Wohl jeder, der sich zur Beobachtung der Sonnenfinsternis im Freien aufgehalten hat, wird eine deutliche Abkühlung bemerkt haben. Das Temperaturempfinden hängt allerdings nicht nur von der Lufttemperatur ab, sondern zu einem großen Teil auch von der auf den Körper auftreffenden Sonnenstrahlung sowie der infraroten Wärmestrahlung, die vom Boden und den Gegenständen in der Umgebung ausgeht. Diese wiederum hängt von deren Temperatur ab, die sich von der Lufttemperatur durchaus unterscheiden kann, wie man oben an der Erdoberflächentemperatur gesehen hat. Um alle diese Parameter und zusätzlich noch den Wind und die Luftfeuchte für das Temperaturempfinden zu berücksichtungen, wurde die gefühlte Temperatur entwickelt. Die folgende Abbildung zeigt, dass die gefühlte Temperatur (rot) tatsächlich von 12 °C um 9 Uhr auf –2 °C zum Höhepunkt der Finsternis abfällt.
Ein weiterer Parameter für die gefühlte Temperatur ist die Kleidung der Testperson. Während der Berechnung der gefühlten Temperatur wird daher die angemessene Bekleidung bestimmt, wobei die Person zwischen Sommer- und Winterkleidung alle Wahlmöglichkeiten hat. Die folgende Grafik zeigt, welche Bekleidung (genauer: welche Wärmeisolation der Kleidung in speziellen clo-Einheiten) geeignet ist, ein möglichst hohes Wohlbefinden zu bieten. Hier kann man sehr schön sehen, dass man sich um 9 Uhr schon fast der Hälfte seiner Sachen entledigt haben kann, dann aber bis um 10 Uhr alles wieder anziehen muss. Erst um 13 Uhr ist es gefühlt wieder so warm wie um 8 Uhr.
Das Ceilometer, eigentlich für die Messung der Wolkenhöhe gedacht, zeigt in der Nacht und am Morgen ein deutliches (hellblau dargestelltes) Signal in den unteren 1000 m. Dies ist die (bzw. eine) Höhe der Grenzschicht, d. h. bis zu dieser Höhe reichten am Tage vorher die Turbulenzen und haben Staub und Aerosole bis dorthin hinaufbefördert. Diese Verunreinigungen streuen das Laserlicht des Ceilometers zurück und werden registriert. Sie sind ebenfalls für die Trübung des Himmels verantwortlich, die, wie oben erwähnt, dazu führt, dass die Sonne nicht ganz ungehindert strahlt. Wer genau hinsieht, kann ab etwa 7 Uhr vom Boden ausgehend die Ausbildung einer neuen Grenzschicht erkennen, die einhergeht mit der oben beschriebenen Erwärmung der Luftschichten vom Boden aus nach oben. Diese Erwärmung der höheren Luftschichten erfolgt durch Turbulenzen und Wirbel, die die am Boden erwärmte Luft nach oben transportieren (und im Gegenzug kalte Luft nach unten). Auch hier ist wieder Dreck enthalten, der die Grenzschicht im Ceilometer sichtbar macht. Um kurz vor 11 Uhr erreichen dann die Wolken den Wettermast, übrigens etwa 30 Minuten später als die Hamburger Innenstadt. Im Osten Hamburgs war die Sonnenfinsternis daher wesentlich länger zu beobachten.
Es folgen jetzt noch der Vollständigkeit halber die wichtigsten weiteren Messgrößen. Zur Windrichtung in der Nacht sei auch auf den Artikel über die nächtlichen bodennahen Ostwinde verwiesen.
Text und Foto: Ingo Lange