Am Abend des 28. August 2016 wurden Hamburg und das weitere Umland nach einem Gewitter in ein unwirkliches, gelbes Himmelslicht getaucht. Ursächlich hierfür war nicht das Gewitter, sondern vor allem der Zeitpunkt zum Sonnenuntergang, aber auch die Konstellation der Wolken.
Zunächst: Warum ist der normale Himmel eigentlich blau, wo doch das Licht der Sonne (fast) weiß ist? Hätte die Erde keine Atmosphäre, wäre der Himmel schwarz. Das Sonnenlicht träfe direkt und ungehindert auf uns und die Erde, und wir könnten Sonnenlicht am Himmel nur an der Stelle sehen, wo die Sonne gerade steht. Wir kennen diese Bilder z. B. von den Besuchen auf dem Mond. In der Luft der Atmosphäre jedoch wird das Licht durch Streuung abgelenkt, und zwar je nach Wellenlänge, und damit Farbe, unterschiedlich stark. Das blaue Licht wird am stärksten getreut, das rote am wenigsten. Während des rote Licht also trotz Atmosphäre relativ ungehindert von der Sonne in unser Auge gelangen kann, ändert das blaue Licht auf seinem Weg durch die Atmosphäre mehrfach seine Richtung. Dadurch kann ein blauer Lichtstrahl, der irgendwo am Himmel eigentlich eine ganz andere Richtung hatte, trotzdem in unser Auge gelangen. Blaues Licht erreicht uns also aus allen Richtungen am Himmel und somit erscheint der ganze Himmel normalerweise blau.
Morgens und abends ändern sich die Verhältnisse etwas. Während der Weg des Lichts durch die Atmosphäre tagsüber einige Kilometer beträgt, ist er bei einer dicht am Horizont stehenden Sonne mehrere 100 km lang. Auf diesem langen Weg ist fast das gesamte blaue Licht herausgestreut worden (nämlich dort, wo es gerade Tag ist und der Himmel blau). Uns erreicht dann hauptsächlich rotes Licht, so dass die Sonne (und übrigens auch der Vollmond) am Horizont orange bis rot erscheint. Kommen jetzt noch geeignete Teilchen wie Staub und Schmutz in der Luft hinzu, werden daran auch die roten Lichtstrahlen gestreut und der Morgen- oder Abendhimmel kann rot erscheinen, was gemeinhin als Morgen- und Abendrot bekannt ist. Die Himmelsfärbung beschränkt sich dabei meist auf den östlichen (morgens) oder westlichen (abends) Bereich.
Das folgende Video zeigt nun die Bilder unserer Wetterkamera am Wettermast in 50 m Höhe vom Abend des 28. August 2016. Der Film beginnt um 17.40 Uhr, also nach dem Gewitter, und endet um 21.15 Uhr (die Zeiten unten im Bild sind MEZ, also eine Stunde früher). Man sieht zeitweise die Sonne durch die Wolken scheinen und vor allem den Farbwechsel mit der beeindruckend hellen gelben Phase.
Ganz am Ende des Farbenspiels erscheint der Himmel sogar noch kurz violett. Dieses Purpurlicht entsteht, wenn das Rot langsam abnimmt und sich mit dem restlichen Himmelsblau mischt. Das folgende Foto hat uns über Twitter erreicht:
In den Daten des Ceilometers kann man nach dem Gewitter ab etwa 19 Uhr eine Wolkendecke erkennen, die von zunächst 1500 m auf 500 m um 21 Uhr absinkt. Dies gilt für einen ortsfesten Beobachter am Wettermast, der senkrecht nach oben sieht. Denkt man sich die räumlichen Wolkenstrukturen als „fest“ und nahezu unverändert mit dem Wind mitbewegt, bedeutet dies, dass über der Region Hamburg eine geneigte Wolkendecke liegt. Da zu dieser Zeit Westwind herrscht, ist in der Abbildung rechts Westen (die Wolken ziehen von rechts nach links: erst das Gewitter, dann die Wolkendecke). Auch die Sonne steht zu diesem Zeitpunkt im Westen, und zwar dicht über dem Horizont. Sie kann daher von der Seite auf die Oberseite der Wolkendecke scheinen und diese streut das zu dieser späten Zeit schon gelbe bis orange Licht wie eine Milchglasscheibe flächig und diffus nach unten. So kommt das Licht dann aus allen Richtungen, so dass zusätzlich zur Farbe auch eine unwirkliche Beleuchtung bis in Innenräume hinein entsteht.
Man beachte bei der Interpretation der Daten aber, dass das Ceilometer nur die Wolkenunterkante, nicht aber die Oberkante oder die Dicke der Wolken messen kann. Die Schicht muss nicht so dünn sein, wie die Struktur in der Abbildung vermuten lässt.
Die folgende Abbildung zeigt die Globalstrahlung, das ist die gesamte von oben auf der Oberfläche eintreffende Strahlungsleistung (in Watt pro Quadratmeter). Bei Eintreffen der dunklen Gewitterwolken sinkt die Strahlung rapide ab. Während des Schauers sogar praktisch auf Null. Zwischen 18.30 Uhr und 19 Uhr wird es noch einmal etwas heller, außerdem kurz vor Sonnenuntergang während der intensiven gelben Phase.
Weiterer Bericht zu diesem Thema bei Spiegel Online .
Text: Ingo Lange, Foto (mit frdl. Genehmigung): twitter.com/mcantow