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 Wettermast
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Nebel-November 2011 (oder: Zwischen den Wolken)

Eine über mehrere Wochen stabile Hochdrucklage bestimmt zurzeit unser Wetter im November 2011. Bei diesen wolkenarmen Bedingungen kann der Erdboden ungehindert Energie in Form von Wärmestrahlung in den Weltraum abstrahlen und kühlt in den langen Nächten stark aus. Wird dabei die Sättigung des Wasserdampfes in der Luft überschritten, kondensiert der Wasserdampf zu kleinen Tröpfchen aus flüssigem Wasser, den wir, meistens morgens, als Nebel beobachten können. Da die Tage schon recht kurz sind, reicht die Sonnenstrahlung oft auch nicht aus, die bodennahen Luftschichten im Tagesverlauf soweit zu erwärmen, dass der Nebel sich auflösen würde. Zudem gibt es durch die Hochdrucklage kaum Wind, der zu einer Durchmischung der bodennahen mit höheren Luftschichten führen könnte.

Dass sich die Abkühlung nur auf eine relativ dünne Schicht von wenigen 100 m über dem Erdboden beschränkt, kann man sich bei all dem Grau gar nicht so recht vorstellen. Allerdings zeigen uns die Temperaturen in den oberen Messhöhen am Wettermast Hamburg manchmal durchaus deutliche Abweichungen nach oben, die auf den ersten Blick wie Fehlmessungen aussehen. Tatsache ist jedoch, dass sich direkt über dem Nebel eine Inversion befindet, also eine Schicht, in der die Temperatur mit der Höhe nicht wie üblich ab- sondern zunimmt. Und da kalte Luft schwerer ist als warme, gibt es keinen Anlass, dass die kalte Luft aufsteigen oder die warme Luft absinken würde. Wie ein Deckel liegt die Inversion auf der bodennahen Schicht, die auch Grenzschicht (zwischen Erdboden und freier Atmosphäre) genannt wird.

Wie man aus dieser Grafik sieht, muss sich am Vormittag des 23. November 2011 die Untergrenze der Inversion irgendwo zwischen 175 und 280 m befunden haben, denn die Temperaturen bis 175 m sind nahezu neutral geschichtet, nehmen also noch oben hin leicht ab, die Temperatur in 280 m Höhe allerdings liegt um bis zu 10 Grad höher als die in 175 m Höhe! Dies ist noch besser zu erkennen in der Darstellung des Höhenprofils der Temperatur um 9 Uhr:

Was liegt also näher, als sich einmal vor Ort umzusehen. Wie ist das Wetter dort oben? Nun, die Antwort zeigt das folgende Foto:

Es war sonnig mit ein wenig Bewölkung und viel blauem Himmel. Die Temperaturen waren mit +4 °C nicht so frostig wie unten, sondern vergleichsweise angenehm. Der gesamte Erdboden war in einem Meer aus dichtem Nebel versunken, der keine Strukturen erkennen ließ. Die Fernsicht war sehr gut, nur gibt es bei uns bekanntlich keine Berge, die man hätte sehen können …

Ein ganz anderes Bild zeigte sich in 175 m Höhe. Hier war man mittendrin. Oben grau, unten grau, nichts zu sehen. Hier dürfte es auch am kältesten gewesen sein, die Temperaturen lagen deutlich unter 0 °C, so dass die Nebeltröpfchen am Mast, an den Geräten und an jedem Kabelbinder zur Bildung von Raureif führten:

Die Höhe der atmosphärischen Grenzschicht ist allgemein eine interessante Größe, die zum Beispiel in den Theorien zur Turbulenz vorkommt oder als Parameter in Modellberechnungen einfließt. Leider entzieht sich die Grenzschichthöhe einer direkten Messbarkeit. Man könnte z. B. Ballons mit Radiosonden aufsteigen lassen und so die Temperatur mit der Höhe messen. Da funktioniert, ist aber aufwändig, teuer und liefert letztlich auch jedesmal nur das Profil zum Zeitpunkt des Aufstiegs. Deswegen hat man sich die in der jüngsten Vergangenheit immer beliebter gewordenen „bodengebundenen Fernerkundungsverfahren“ einmal diesbezüglich angesehen. Dazu zählen z. B. das LIDAR und das Ceilometer als optische Verfahren und das SODAR als akustisches Verfahren. Während LIDAR und Ceilometer mittels Laserlicht die höhenabhängige Konzentration von Staub, Aerosolen, Wolkentröpfchen und dergleichen bestimmen können, verwendet das SODAR Schallimpulse, die an Luftschichten unterschiedlicher Dichte reflektiert werden. Eigentlich dient ein LIDAR meist zur Aerosolbestimmung, ein Wind-LIDAR zur Messung des Windes in der Höhe, ein Ceilometer zur Ermittlung der Höhe der Wolkenuntergrenze und ein SODAR wie das Wind-LIDAR zur Windmessung.

Aber bei der Betrachtung des folgenden Diagramms, in dem die Reflektivität des SODARs gezeigt ist, also die Stärke des in den einzelnen Höhen reflektierten Schallsignals, kann man noch etwas ganz anderes erkennen: Nämlich ein auffälliges, dunkles Band besonders hoher Reflektivität, das sich im Laufe dieser zwei Tage zwischen dem Boden und maximal 400 m Höhe bewegt. Offensichtlich ist dies genau die Höhe der Untergrenze der Inversion. Denn durch den starken Temperaturanstieg kommt es zu einer ebenso abrupten Dichteänderung, an der die Schallsignale sehr gut reflektiert werden.

Das SODAR, eigentlich ein Windmessgerät, liefert in diesem Fall also sehr schön die Höhe der Grenzschicht. Leider sind die Bedingungen nicht immer so ideal wie bei dieser starken Inversion und zudem reicht das SODAR nur bis in eine Höhe von 500 bis 1000 m.

Bei einem Ceilometer kann man dagegen oft im Sommer an sonnigen Tagen die Grenzschicht erkennen, denn Staub und anderer Dreck, der vom Boden stammt, wird zwar in der Grenzschicht gut durchmischt und gleichmäßig verteilt. Mit der freien Atmosphäre darüber findet aber aufgrund der sperrenden Inversion kaum ein Austausch statt, so dass die Luft dort oben sauber ist. Die Höhe der Grenzschicht zeigt sich dann an einer deutlichen Abnahme der Rückstreuung.

Bei Nebel funktioniert dies natürlich nicht, denn das Gerät arbeitet mit (infrarotem) Licht und kann Wolken und Nebel folglich nicht sehr weit durchdringen. Das Rückstreudiagramm eines Ceilometers für die hier betrachteten beiden Tage zeigt aber dennoch sehr gut den aufliegenden Nebel, der aber am Mittwoch zeitweise durchaus aufbricht und den Blick auf die darüber liegenden Wolken in etwa 2500 m Höhe freigibt. Dies sind die Wolken, die oben auf dem Foto zu sehen sind.

Zum Abschluss noch ein Bild, wie wir es alle kennen: Von unten gesehen, ist nicht viel zu sehen. Die Plattform in 50 m Höhe ist gerade noch zu erkennen, dann verschwindet der Mast im Nebel.

Text und Fotos: Ingo Lange

| Verändert am 13. Februar 2024 von Ingo Lange