Dass es in Hamburg ständig regnet, ist ein gängiges Vorurteil, mit dem die Hanseaten des öfteren konfrontiert werden. Inzwischen sind viele gegen diesen Vorwurf gewappnet und kontern mit entsprechenden Zahlen aus der Wetterstatistik: Während z. B. in München jährlich im Schnitt fast 1000 Liter Niederschlag pro Quadratmeter fallen, sind es in Hamburg in der Tat nur 770 Liter. Dabei wird allerdings unterschlagen, dass allein die Menge des Niederschlags nicht unbedingt ein Urteil über die Zeitdauer desselben erlaubt. So dauert das (vermeintlich) typische Schuddelwetter zwar viele Stunden, ist aber wenig ergiebig, während aus einem Gewitterschauer dieselbe Menge in wenigen Augenblicken fallen kann. Dies kann für Besucher wie Einheimische durchaus einen Qualitätsunterschied darstellen. Die Frage sollte also nicht nur lauten „Wieviel regnet es?“, sondern vor allem „Wie lange regnet es?“.
Eine erste Antwort auf diese Frage gibt das Meteorologische Institut der Universität Hamburg, das mit dem „Wettermast Hamburg“ eine umfangreiche wissenschaftliche Messanlage am 300 m hohen Sendemast des NDR im Stadtteil Billwerder betreibt. Neben den üblichen Wetterparametern wie Temperatur und Wind wird seit gut einem Jahr auch die Regendauer minutengenau gemessen. Mit einem speziellen Niederschlagssensor werden dazu mittels einer Lichtschranke die durch eine 12 × 3 cm große Öffnung fallenden Regentropfen (oder Schneeflocken) registriert. Sind es mehr als vier Tropfen pro Minute, wird dies als Niederschlag gewertet. Weniger würde man auch als Mensch kaum als solchen bezeichnen.
Nach dem Beginn der Messung im August 2006 liegen nun für das erste komplette Kalenderjahr die Zahlen vor: Von Januar bis Dezember 2007 hat es in Billwerder insgesamt 859 Stunden geregnet oder geschneit. Das wären zusammengenommen etwa 36 Tage Dauerregen (und 329 trockene Tage) oder umgerechnet 2 Stunden und 21 Minuten Regen jeden Tag oder, besonders einfach zu merken, 10 Prozent der Zeit Regen, 90 Prozent trocken.
Die Werte für die einzelnen Monate schwanken natürlich sehr stark. Am längsten regnete und schneite es im Januar mit 126 Stunden (bei 119 Litern), am kürzesten im sehr trockenen April mit nur 9 Stunden (2 Liter). Den mengenmäßig meisten Niederschlag gab es jedoch während etwa 78 Stunden im Juni mit 153 Litern. Betrachtet man Menge und Dauer des Niederschlags gemeinsam, so ergeben sich erwartungsgemäß ergiebige Regenereignisse im Sommer (im Schnitt 1,4 Liter pro Stunde) und das typische Schmuddelwetter im Winter (0,8 Liter pro Stunde).
Dank der minütlichen Aufzeichnung lässt sich auch die durchschnittliche Verteilung des Niederschlags über den Tag bestimmen. So regnet es nachmittags mit etwa 11 Prozent Zeitanteil häufiger als morgens, wo nur in etwa 8 Prozent der Zeit Niederschlag registriert wird.
Von einer echten Statistik sind diese Zahlen des ersten Jahres allerdings noch etwas entfernt. Erst nach 30 Jahren können klimatologisch relevante Aussagen getroffen werden. So fielen an der Messstation in Billwerder in diesem einen Jahr nämlich 915 Liter Regen, fast soviel wie der Münchner Mittelwert, aber auch erheblich mehr als der hiesige Durchschnitt von 770 Litern. In trockenen Jahren kann die Niederschlagsmenge auch deutlich niedriger liegen, in 2003 z. B. fielen nur 523 Liter. Ähnliche jährliche Schwankungen sind vermutlich auch bei der Niederschlagsdauer zu erwarten, Korrekturen nach unten sind also durchaus wahrscheinlich.
Das Meteorologische Institut stellt die laufende Messung von Niederschlagsmenge und -dauer zusammen mit vielen anderen aktuellen Wetterdaten und allgemeinen Informationen über die Messanlage im Internet unter wettermast.uni-hamburg.de bereit.
Im Anhang finden Sie folgende Grafiken und Fotos zu Ihrer Verwendung. Klicken Sie auf die Abbildungen, um die Grafiken und Fotos in höherer Qualität herunterzuladen.
Monatliche Niederschlagsdauer: Dargestellt ist für jeden Monat des Jahres 2007 die Gesamtzeit, in der Niederschlag registriert wurde. Die Messung erfolgte dabei minutengenau und summiert sich auf bis zu 126 Stunden im Januar. Im gesamten April regnete es dagegen nur 8,5 Stunden. In allen zwölf Monaten zusammen regnete es etwa 859 Stunden.
Monatliche Niederschlagsmenge: Hier wird die üblicherweise gemessene Menge gefallenen Niederschlags gezeigt, angegeben in Liter pro Quadratmeter oder Millimeter (die Zahlenwerte sind in beiden Einheiten identisch). Den meisten Regen gab es in den Sommermonaten mit jeweils über 120 Litern. In allen zwölf Monaten zusammen fielen 915 Liter.
Mittlere monatliche Niederschlagsintensität: Diese Grafik zeigt, wie stark es regnet, wenn es regnet. Dabei führen starke Regenschauer zu hohen Intensitäten im Sommer, das Hamburger „Schmuddelwetter“ dagegen zu niedrigen Intensitäten im Winter. Angegeben sind die Werte in Millimeter pro Stunde (bzw. Liter pro Quadratmeter und Stunde). Es handelt sich dabei um Mittelwerte, die einzelnen Regenereignisse variieren natürlich in ihrer Intensität sehr stark.
Relative Niederschlagsdauer im Tagesverlauf: Hier ist für jede Stunde eines durchschnittlichen Tages der Zeitanteil in Prozent angegeben, in dem es regnete oder schneite. In den Nachmittagsstunden regnete es in etwa 11 % der Zeit, deutlich häufiger als in den Morgenstunden, wo der Wert bei 8 % liegt. Über den ganzen Tag gemittelt liegt der Wert bei 9,4 %, oder, um es positiv auszudrücken, in 90,6 % der Zeit war es trocken. Datengrundlage hierfür sind die Messungen an allen 518 Tagen vom August 2006 bis zum Dezember 2007.
Foto der Niederschlagsmessgeräte (beschriftet und unbeschriftet, Fotonachweis: Ingo Lange).
Das Meteorologische Institut der Universität Hamburg betreibt im Hamburger Stadtteil Billwerder am Sendemast des NDR eine wissenschaftliche Messanlage zur Erforschung der Vorgänge in der atmosphärischen Grenzschicht, das sind die unteren, noch vom Boden beeinflussten Luftschichten. Dazu sind am großen Sendemast Messgeräte in fünf Höhen installiert, die höchste 250 m über dem Boden. Zusätzlich werden Messungen an einem benachbarten 12-Meter-Gittermast und in Bodennähe vorgenommen. Gemessen werden unter anderem Wind, Luftdruck, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Niederschlag und einfallende Strahlungsleistung (Wärmestrahlung und sichtbares Licht). Die digitale Datenaufzeichnung läuft mittlerweile seit über 12 Jahren: 1995 begann die automatische Messung von Temperatur, Feuchte und Wind im Minutentakt. Verwendet werden die Daten vor allem für wissenschaftliche Zwecke im Institut, z. B. für Diplom- und Doktorarbeiten, aber auch andere Forschungseinrichtungen, die Windkraftbranche und die Hamburger Ballonfahrer interessieren sich für die Messungen am Wettermast Hamburg.
Weitere Einzelheiten finden Sie auf unseren Internetseiten unter http://wettermast.uni-hamburg.de.
Ansprechpartner im Meteorologischen Institut:
Prof. Felix Ament
Sekretariat: 040 42838-5078
Telefax: 040 42838-5452
Die Auswertung der Niederschlagsmessung wurde durchgeführt von Diplom-Meteorologe Ingo Lange, der Ihnen bei Fragen zu Einzelheiten gerne zur Verfügung steht (040 37502670, ingo.lange-at-uni-hamburg.de).
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Text der Presseinformation